Neuwertige Autobahnen, eine sich kaum bewegende Schlange vor dem Zoll und ein fast zahnloser junger Mann, der uns eine SIM-Karte verkaufen will. So hat uns Marokko vor über sechs Wochen empfangen. Mittlerweile sind wir in diesem Land angekommen und haben uns an so manche Besonderheit gewöhnt. Unsere Route verlief zuerst von Tanger die Atlantikküste herunter bis Casablanca. Anschließend haben wir eine Woche Station in Marrakesch gemacht und sind von dort über Essaouira, die Surfoasen Imsouane und Tamraght weiter nach Agadir gefahren. Es ist Halbzeit für uns in Marokko und hier erfahrt ihr, wie es uns bisher gefällt:
Unsere Tochter Elena ist der Schlüssel zu den Einheimischen. Ob kleine Mädchen, wackelige Greise oder junge Männer, alle begrüßen sie stürmisch. Sie wird geküsst, gestreichelt oder minutenlang animiert, bis ein Lächeln über ihre Lippen huscht. Auch Robs und ich werden sehr freundlich willkommen geheißen und wir können nur bestätigen, dass Marokko ein unglaublich gastfreundliches Land ist. Robs hat in seinem Artikel „Warum sich auch unspektakuläre Orte lohnen“ beschrieben, wie herzlich es dabei zugehen kann. Doch Gastfreundschaft habe ich auch auf andere Weise gespürt: Ein Verkäufer konnte mir kein Wechselgeld für meine zwei Baguettes herausgeben. Somit verließ ich den Laden, um woanders Brot zu kaufen. Hinter mir hörte ich plötzlich ein lautes Rufen. Der Verkäufer kam mir mit den Baguettes in der Hand nachgelaufen, um sie mir zu schenken. Dieses Erlebnis hat mich sehr beeindruckt und über die Mentalität dieses Volkes staunen lassen.
Marokkaner können jedoch auch anders. Besonders in Touristengegenden werden sie schnell aufdringlich. Es läuft meist nach einem bestimmten Schema ab: Zuerst heißen sie dich im Vorbeigehen in deiner Landessprache Willkommen. Dann holen sie einen merkwürdigen Gegenstand von ihrem Stand und fragen, ob du weißt, was es ist. Sie erklären dir diesen und noch einige weitere Objekte. Noch mehr Interessantes gibt es in ihrem Laden zu entdecken und im Nu bist du unfreiwillig in ein Verkaufsgespräch verwickelt. Es kostet einige Mühe und Zeit, um dort ohne Nippes wieder herauszukommen. Schnell kennt man diese Maschen jedoch und so bleibe ich in Touristengegenden einfach nicht mehr stehen, sondern grüße nur kurz und laufe schnell weiter.
Unser erster Eindruck von Marokko war eine grüne Graslandschaft, gespickt mit Eseln, Schafen und Ziegen. Im Kontrast dazu stand der schneebedeckte Atlas, der sich hinter Marrakesch auftat. Unser Weg von dort hat uns durch karge Wüstenlandschaften geführt, die immer grüner wurden, bis wir schließlich den Ozean erreichten. Unfassbar viele unbebaute Sandstrände lassen sich hier noch finden, an denen einem fast nur streunende Hunde Gesellschaft leisten.
Angetan haben es mir die entspannten Städte, allen voran Essaouira. In den hübschen Altstädten lassen sich allerlei skurrile Dinge erwerben und besonders an Markttagen herrscht ein wildes Treiben. Meist sind auch nur wenige Touristen zu sehen, sodass ich das Gefühl habe, ein Stück vom wahren, authentischen Marokko zu erleben. Bei einem Thé à la menthe (der traditionelle Minztee mit gefühlten fünf Stück Zucker pro Tasse) lässt sich das bunte Geschehen besonders gut beobachten. Auch die Temperaturen sind so angenehm, dass wir einen Großteil des Tages draußen verbringen. Meist herrschen angenehme 20 Grad mit viel Sonne. Ab und an gibt es aber auch hier ein paar Regentage.
Marokko ist bekannt für Couscous und Tajine (ein Tontopf mit Deckel, in dem das Gericht auf dem Grill geschmorrt wird, zumeist bestehend aus Gemüse und Fleisch). Doch die Küche des Landes hat weitaus mehr zu bieten. Hier an der Küste gibt es beispielsweise frischen, leckeren Fisch – wenn ich als Vegetarier Robs Aussage vertraue. Besonders lecker fand ich Bastilla, eine Art Pastete, mal deftig, mal süß gefüllt. Als Nachtisch bieten sich Patisserien mit einer ungeheuren Auswahl an. Sehr günstig und super lecker schmecken die Plätzchen mit Honig, Mandeln oder Sesam. Knuspriges Baguette und Fladenbrot in verschiedenen Ausführungen gibt es für jeweils knapp zehn Cent an fast jeder Ecke. Am besten gefallen mir jedoch die Märkte. Hier überschlagen sich Berge von frischem Gemüse und Obst. Dazwischen warten eingelegte Oliven, getrocknete Feigen, Gewürzberge und frische Kräuter. Das Einkaufen hier ist nicht nur super billig, sondern auch ein riesen Spaß!
Marokko ist ein Traum für Freunde des fahrbaren Untersatzes. In jedem größeren Ort gibt es Campingplätze oder bewachte Stellplätze. Manche sind traumhaft direkt am Strand gelegen, mit kostenlosem Sonnenuntergang und Wellenrauschen zum Einschlafen. Einige verfügen über hübsche Pools, andere sind hingegen ein wenig heruntergekommen. Die Sauberkeit variiert, die meisten Sanitäranlagen sind jedoch annehmbar. Fliegende Händler streifen häufig zwischen den Campern umher, im Gepäck frisches Gemüse, Brot, Eier, Fisch oder auch Honig. Wie erwartet wimmeln die Campingplätze vor Rentnern, die hier überwintern und oftmals ein halbes Jahr da sind. Die Mehrzahl sind Franzosen, aber auch Deutsche und Belgier lassen sich finden. Doch auch Gleichgesinnte treffen wir hier häufiger als erwartet. Meist nutzen die jungen Väter und Mütter ihre Elternzeit, um mit ihrem Nachwuchs in die Wärme zu fahren. Ihre unterschiedlichen Lebensmodelle haben uns wieder einmal sehr inspiriert.
Um dem Winter in Deutschland zu entfliehen, bietet sich Marokko einfach an. Es ist ein sehr schönes Land mit freundlichen Menschen und es macht riesigen Spaß, hier mit dem Camper entlang zu fahren. Dennoch fehlen mir bis jetzt spektakuläre Sehenswürdigkeiten, abenteuerliche Ausflüge oder atemberaubende Landschaften. Vielleicht liegt es am Camper, vielleicht am Reisen mit Kind, vielleicht auch an Marokko selbst. Unsere Route führt uns ab sofort weiter ins Gebirge und in die Wüste. Angeblich soll es dort landschaftlich sehr reizvoll werden. Ich bin gespannt, was noch vor uns liegt und ob mich der Zauber Marokkos noch packen wird. Oder um es mit den Worten der Marokkaner zu sagen: „Inschallah“. So Gott will.
Wir können einen Stopp in Legzira Plage empfehlen – der Ort besteht eigentlich nur aus ein paar in den Felsen gebauten Herbergen, die uns an ein Eschergemälde erinnerten, dazu ein Strand, an dem man bis zu spektakulären roten Felsenbögen spazieren und den Fischern zusehen kann. Den Tagesfang gibt es dann abends als Tajine am Strand. Mit dem Camper könnt ihr dort unten glaube ich nicht übernachten, wir haben aber Wohnmobile oben auf der Klippe stehen sehen (etwas neidisch, weil wir unseren Bulli nicht in Marokko dabei hatten).
Landschaftlich spektakulär ist auch das Vallee des Ammeln bei Tafraout. Lasst euch aber auf dem Markt keinen falschen Safran andrehen (wie wir) ;-P
Weiterhin happy travels!
Hey Julia,
vielen Dank für die Tipps! Den Strand können wir leider routentechnisch nicht mehr besuchen, dafür sind wir ganz in der Nähe vom zweiten Tipp! Die Gegend hier ist echt wunderschön und zum ersten Mal haben wir das Gefühl, in Marokko frei zu stehen. Ein riesiges Gelände bei Tafraoute an einer Oase für das unsere Nachtwache gerade mal einen Euro gefordert hat.
Euch alles Gute und tolle Reisen im Bulli! Wo geht’s das nächste Mal hin?
Geniesst die 2.Hälfte Eurer Zeit. Ich lese immer gerne Ankes Beiträge. An die aufdringlichen Verkäufer habe ich mich schnell gewöhnt und war da oft ziemlich grob. Da hat einer versucht, meinem Mann so billige Silberreifen zu verticken – „für Madame“. Den habe ich böse angefunkelt und ziemlich klar und laut gesagt: „Madame will keine Armreifen“. Der hat sofort aufgegeben. Am schlimmsten waren die Verkäufer in Meski, Campingplatz „Blaue Quelle“. Die rechnen 1€ = 1 Dh. Leider hat einer aus unserer Gruppe (die überigens sehr nett und sehr harmonisch war) für 40€ einen winzigen Teppich gekauft. Ansonsten war es auf diesem Campingplatz sehr sehr schön und diese blaue Quelle ist immer warm genug zum baden. Ein Spaziergang durch die Oase zur alten Kasbah (Ruinen) sehr zu empfehlen.
Wir sind leider wieder in Deutschland, haben die 6 Wochen Marokko aber sehr genossen. Einer der Höhepunkte war Merzouga / Erg Chebbi. Als Übernachtungsplatz finden wir das kleine Hotel Mohayut sehr schön, in dessen Hof bis zu 5 WoMos Platz finden. Hier gibt es alles, was das herz begeehrt, Pool, Waschmaschinen etc. Man kann aber auch wild an den Dünen stehen. Liebe Grüße, Dagmar und Wolfgang
Hallo Dagmar,
vielen Dank für die netten Worte!
Wir sind schon sehr gespannt auf die Gegend um Erg Chebbi, davon schwärmen ja alle. Wir müssen uns nur leider ein wenig ranhalten, da unser Visum bald abläuft. Wir werden weiter berichten, wie es uns gefällt.
Liebe Grüße
[…] meinem Zwischenfazit habe ich davon berichtet, dass mir Marokko gut gefällt, es mich aber nicht in seinen Bann gezogen […]
Als jugendlicher war ich oft mit Interrail unterwegs und wollte unbedingt nach Marokko. In Spanien wurde mir abgeraten, es sei für einen blonden und blauäugigen Jungen zu gefährlich. Heute bereue ich, mich nicht getraut zu haben. Das Land ist so wundeschön und so viele tolle Menschen. Dank euren Bericht kann ich etwas hineinfühlen. Toll, dass ihr als Familie diese Reise gemacht habt. Es gibt nix schöneres als Reisen gemeinsam erlebt zu haben.