• Nachgedacht: Grundeinkommen

    lego grundeinkommenStell Dir vor, Du würdest ein Jahr lang jeden Monat 1000 Euro auf Dein Konto überwiesen bekommen. Ganz ohne jegliche Verpflichtungen. Was würdest Du machen?

    Der Berliner Michael Bohmeyer geht genau dieser Frage nach. Über Crowdfunding hat er bereits das Geld für vier sogenannte Grundeinkommen gesammelt und diese verlost. Als Gesellschafter seiner ehemaligen Firma erhält er selbst ein monatliches Auskommen, ohne dafür arbeiten zu müssen. Sein Ziel ist es, auch anderen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich zumindest ein Jahr lang keine Sorgen um Geld machen zu müssen.

    In der Schweiz wird sogar per Volksentscheid abgestimmt, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden eingeführt werden soll. Die Idee stößt jedoch auf Kritik. Die Steuern müssten drastisch angehoben werden, heißt es. In schmutzigen und anstrengenden Jobs würde niemand mehr schaffen wollen. Vor allem aber würden die Menschen faul und wären nicht mehr bereit, freiwillig arbeiten zu gehen.

    Michael Bohmeyer hält jedoch dagegen. Er weiß aus eigener Erfahrung, wie viel Kraft und Energie ausgelöst werden kann, wenn Geldsorgen nicht mehr existieren. Er selbst arbeitet jetzt sogar mehr als früher.

    Auf unserer Reise haben wir ähnliche Erfahrungen gesammelt. Unser Gespartes hat es uns erlaubt, neun Monate Asien zu bereisen, ohne arbeiten zu gehen. In dieser Zeit hatten wir unglaublich viele neue Ideen und eine außergewöhnlich hohe Kreativität. Daraus ist auch der Wunsch zu unserer Selbstständigkeit geboren. Auch wir arbeiten jetzt mehr als in unserer ehemaligen Vier-Tage-Woche.

    Auf der Homepage des Berliners wird jetzt für das fünfte Grundeinkommen gesammelt, das anschließend unter allen Teilnehmern verlost wird. Natürlich versuchen auch wir unser Glück.

    Was hältst Du von dieser Idee? Würden 1000 Euro im Monat Dein Leben verändern oder würdest Du so weitermachen wie bisher?

7 Kommentare:

  1. Britta sagt:

    1000 Euro mehr im Monat? Ich würde wahrscheinlich etwas weniger arbeiten, mehr Zeit im Garten und mit der Familie/Freunden verbringen, und vielleicht mal wieder reisen…
    Spannende Idee, aber – so glaube ich – nicht für die breite Masse umsetzbar… Wo soll das ganze Geld denn her kommen? Die EZB wird es wohl kaum verschenken (schade eigentlich). Ich wäre ja eher für eine komplette Überarbeitung des ganzen Systems – Verwendung von Steuern vorrangig auf lokaler Ebene – für Straßen, Schulen, Kindergärten, und die Dinge, die den Bürgern wirklich am Herzen liegen. Und nicht irgendwelche Luxusurlaube für Politiker auf den Malediven – den könnten wir dann selbst machen, weil wir gar nicht mehr so viele Steuern zahlen müssten.
    Oder aber das Geld ganz abschaffen. Dann macht jeder das, was er gerne tut und worin er deshalb gut ist, und jeder wäre zufrieden, und es wäre gleichzeitig für alle und alles gesorgt… paradiesische Vorstellungen 🙂 Was meint ihr?

    • Anke sagt:

      Hallo Britta,
      woher das Geld für das Grundeinkommen kommen soll ist eine berechtigte Frage.
      Ich bin absolut Deiner Meinung, dass das System überarbeitet werden sollte und die Bürger mehr Mitspracherecht haben.
      Eine Welt ohne Geld?! Da bist Du nicht die Erste, die davon träumt. In Star Trek ist es Realität, wobei sie dort einen Replikator entwickelt haben, der alles herstellen kann. Aber ich habe das Gefühl, dass es zumindest immer mehr in die Richtung geht: couchsurfing, carsharing, kleiderkreisel…
      Was denkt Ihr? Eine Welt ohne Geld?

  2. Berti sagt:

    Über dieses Thema habe ich mir auch schon viele Gedanken gemacht. Prinzipiell ist die Idee mit dem Grundeinkommen gar nicht verkehrt. Man kriegt einen gewissen finanziellen Spielraum, um den Job zu wählen, der einem Spaß macht, und/oder die Wochenarbeitszeit mit seinem Biorhythmus und der körperlichen und geistigen Belastbarkeit in Einklang zu bringen.

    Es ist nur die Frage, was die Menschen daraus machen. Ich stelle mir folgende Fälle vor:

    1. Der Langzeit-Arbeitslose
    Das Einkommen reicht für die 1-Zimmer-Wohnung und Verpflegung, es lohnt sich also nicht, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Somit fehlt jegliche soziale Verpflichtung, was wiederum dazu führt, dass die Motivation für Weiterbildung oder soziales Engagement nachlässt.
    Langfristig ist diese Person für die Gesellschaft weder intellektuell von Nutzen noch ökonomisch tragbar.

    2. Der Workaholic
    Das Einkommen ist eine angenehme Ergänzung zum restliches, üppigen Gehalt.
    Einfache Sache: das Grundeinkommen hat keine Wirkung, das Verhalten wird sich nicht ändern.

    3. Der Verschwender
    Geld hat seltsamerweise immer einen unsichtbaren Stempel: die Herkunft.
    Mit 1000 Euro, die man in der Lotterie gewonnen hat, geht man anders um als mit 1000 Euro, die man sich mühsam über mehrere Monate zurückgelegt hat.
    Das Grundeinkommen fällt vermutlich in die erste Kategorie und führt dazu, dass man sich unnötige Luxusartikel kauft oder im Überfluss lebt.
    Damit wird zwar die Wirtschaft angekurbelt, allerdings mit völlig verfälschten Präferenzen und Bedarfen.

    4. Der Reisende
    Mit dem Geld und der u.U. gewonnenen Freizeit kann man durch die Welt reisen, fremde Kulturen kennenlernen, Kontakte knüpfen und das Leben genießen. Bei der Arbeit wäre man dann viel entspannter, evtl. sogar produktiver.
    In diese Kategorie gehören auch Menschen, die den Drang haben, ein Leben lang zu lernen, jeden Tag aufs Neue.
    Persönlich und gesellschaftlich eigentlich ein Idealfall, aus wirtschaftlicher Sicht vermutlich etwas nachteilig.

    5. Der Hobbyist
    Sport, Musik, Kultur, Stiftungen – der lokale Verein wird mit mehr Zeit, Geld und Tatkraft unterstützt und kann neu aufblühen. Die Ideale des letzten Jahrhunderts könnten wiederbelebt werden: der Verein ist wie eine große Familie, die sich gegenseitig hilft.
    Auch hier gilt wieder: gesellschaftlich top, wirtschaftlich vermutlich ein Flop.

    Soviel zu den Auswirkungen. Nun zur Umsetzbarkeit.
    Britta hat schon das große Problem angesprochen: wo soll das Geld herkommen?
    Wenn der Staat das Grundeinkommen zahlen soll, müssen die Steuern so erhöht werden, dass im Endeffekt jeder Grundeinkommen-Empfänger genau diesen Betrag zusätzlich an Steuern zahlen muss. Eine Nullrunde.

    Anke hat einen aktuellen Trend angesprochen: Crowdfunding. Das funktioniert so, dass jemand eine Idee präsentiert und für die Umsetzung Geld sammelt. Alle Interessenten können einen – meist gestaffelten – festen Betrag bereitstellen. Wenn dieser Spendenaufruf die erforderliche Mindestsumme erreicht, kann die Idee umgesetzt werden, ansonsten kriegen die Sponsoren ihren Einsatz zurück.
    Einen Spendenaufruf für das Grundeinkommen zu starten, halte ich für sinnlos. Da kann man auch auf der Straße betteln. Wenn dieser Aufruf jedoch mit einem Projekt und damit einer Gegenleistung verbunden ist, lassen sich zu fast jeder Idee potentielle Sponsoren auftreiben.

    Robs und Anke, habt ihr schon einmal über Crowdfunding für euer Projekt nachgedacht?

    • Robs sagt:

      Hallo Berti,
      sehr spannende Gedanken! Ich folge Deinem Beispiel und strukturiere mich ebenfalls:

      1. Der Langzeitarbeitslose
      Ich kenn mich hier nicht aus, aber ich frage mich: Gibt es diesen typischen Langzeitarbeitslosen so, wie es uns RTL weis machen will? Und wenn ja: wo liegt die Ursache für sein Scheitern? Ich persönlich unterstelle jedem Menschen den Ehrgeiz, das Beste aus seinem Leben machen zu wollen. Ich fände es daher sehr spannend, ob der Erhalt eines Grundeinkommens nicht auch einen Aufwacheffekt erreichen könnte. Quasi ein Ansporn, aus der alltäglichen Lethargie zu entkommen und etwas zu bewegen. Hat da jemand Erfahrungen, die er teilen möchte?

      2. Weitere Auswirkungen
      Bei den weiteren Auswirkungen bin ich Deiner Meinung. Ich denke nur, dass der Workaholic das Grundeinkommen aus Eitelkeit nicht annehmen würde. Für den Reisenden sehe ich die Chance, in der Welt Inspiration zu sammeln und diese Zuhause umzusetzen. Daraus können innovative Geschäftsfelder entstehen, die wiederrum Deutschland als Gesamtwirtschaft voranbringen. Natürlich landet das Geld erstmal im Ausland und geht an die Einheimischen im Tourismusbereich. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft kein Vorteil – aus weltentwicklungstechnischer Sicht schon.

      3. Die Umsetzung
      Woher das Geld? Stimmt, schwierige Frage. Anke und ich finden den Ansatz sehr interessant, dass das Grundeinkommen anstelle der bestehenden Sozialleistungen gezahlt wird. Also kein Arbeitslosengeld mehr, Kindergeld, Rente – alles Vergangenheit. Rein kommt das Geld weiterhin durch die Steuern, also auf den ersten Blick eine Nullrunde. Auf der anderen Seite würde viel administrativer Aufwand entfallen, die Verteilung wäre einheitlich. Gerechter?

      4. Crowdfunding
      Über Crowdfunding haben wir tatsächlich schon nachgedacht. Im Moment sind unsere Kosten allerdings recht gering, da wir uns voll auf das Schreiben des Reisebuches konzentrieren. Wie Du so schön schreibst: Es sollte für die Sponsoren auch ein direkter Mehrwert entstehen. Den sehen wir in Zukunft schon, sobald wir näher an die Veröffentlichung kommen.

      5. Gedanken
      Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem Grundeinkommen ein Thema gefunden haben, das Dich im Vorfeld beschäftigt hat. Gibt es noch weitere Schwerpunkte, die wir aufgreifen sollten? Diese Frage richte ich auch an alle anderen Leser! Wir sind zudem offen für Gastbeiträge!

      • Vanessa sagt:

        Hi,

        nur kurzzum thema Langszeitarbeitsloser:

        Ichkann dir 100%ig versichern, dass es diese Leute, wie man sie auf RTL2 sieht gibt. Ich arbeite momentan in einer Mutter-Kind-Einrichtung und praktisch alle die dort sind haben vorher von Hartz4 gelebt und werden auch nach ihrem Auszug von Hartz4 leben. Sie haben auch überhaupt kein Interesse daran das zu ändern. Ganz im Gegenteil… die bekommen pro Monat 800-1000 Euro einfach so fürs nichts tun und beschweren sich noch, wenn dass sie viel zu wenig bekommen.
        Und irgendwie kann ich es auch verstehen, denn wenn sie arbeiten gehen würden, bekämen sie nicht so viel Geld, wie so.

        RLT2 mag gecastet und überdramatisiert sein, aber vieles entspricht leider der Realität- Das kann man nicht verstehen, wenn man in einer Familie und mit Freunden aufgewachsen ist, die alle arbeiten gegangen sind. Da ist kein ‚ich will arbeiten was mir Spaß macht‘, da diese Leute unglaublicherweise wirklich am liebsten den ganzen Tag vorm Fernseher oder an ihrem Handy sitzen, egal was um sie herum passiert…

        • Robs sagt:

          Hallo Vanessa,
          das ist ja erschreckend! Kannst Du ausmachen, was der Hauptgrund für dieses fehlende Interesse ist? Ist es eine Selbstaufgabe wegen der fehlenden Freunde und Familie? Oder liegt es daran, weil sie fürs Arbeiten kaum mehr Geld bekommen würden als fürs Nichts-tun?
          Zumindest in letztem Punkt könnte das Grundeinkommen ja einen motivierenden Einfluss haben: Eigene Arbeit würde auch zu einem deutlichen Anstieg des Einkommens führen. Ob das ausreicht, um den einen oder anderen Langzeitarbeitslosen von der Couch zu bekommen?

      • Berti sagt:

        Den Langzeitarbeitslosen gibt es wirklich. Es gibt Leute, die keinen Antrieb haben und einfach nicht wissen, was sie mit sich und ihrer Zeit anfangen sollen. Da kommen Internet-Surfen und Fernsehen ganz gelegen. Die beschäftigen einen solange, bis der Tag, die Woche, der Monat um sind.
        Das kann eine grundlegende Lebenseinstellung sein, das kann aber auch über die Zeit wachsen. Wenn man gegenüber der Gesellschaft keine Verpflichtung hat, hat man auch bald sich selbst gegenüber keine Verpflichtungen mehr.

        Beim Reisenden habe ich nicht richtig gedacht und kann dir jetzt nur zustimmen: Weiterbildung ist das beste, was man aus seiner Zeit machen kann. Langfristig ist das ein riesiger Gewinn für Gesellschaft und Wirtschaft.

        Die finanzielle Umverteilung könnte funktionieren, allerdings bin ich der Meinung, dass unser bisheriges Finanzsystem gerecht, gut durchdacht und ausgewogen ist. Es ist aber viel zu kompliziert.
        Ich fand den Vorschlag von Friedrich Merz aus dem Jahre 2003 ziemlich gut. Er wollte eine einfachere Steuererklärung mit drei Steuerklassen (12, 24 und 36%) und einer Abrechnung, die auf einen Bierdeckel passt. Leider konnte sich keiner seiner CDU-Kollegen vorstellen, dass das so funktionieren kann.

        Crowdfunding ist ein spannendes Thema. Vor allem finde ich es immer wieder interessant, welche Ideen dort zum Vorschein kommen. Es geht auch selten darum, wie realistisch oder nützlich ein Projekt ist, sondern um die Kreativität, die dahintersteckt.
        Ich bin der Meinung, dass euer Buch auch jetzt schon gefördert werden kann. Ihr könntet z.B. einen Spendenaufruf starten, um eine Reise zu finanzieren, die in euer Buch einfließen soll. Wenn euer Blog noch ein bisschen gewachsen ist, ist dieser Aufruf durchaus gerechtfertigt.
        Crowdfunding ist ein Spezialform von Crowdsourcing. Das ist das Konzept, was hinter Wikipedia steckt: ein Projekt steht im Entwurf der Öffentlichkeit zur Verfügung, und jeder, der sich motiviert fühlt, kann sein Wissen, seine Tatkraft oder seine Fähigkeiten gemeinnützig einbringen. So, wie es aussieht, macht ihr das schon ganz gut. 😉

        Ich möchte noch keine Wünsche äußern, da ich erst einmal gespannt bin, in welche Richtung sich euer Blog entwickelt. Wir können aber gerne mal bei einem Bierchen philosophieren.

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